Mein Maserati fährt 210...

//von J. Brüggemann

TVB_wJA_2017_2018.JPG

Mit seinem Hit „Ich will Spaß“ löste der Sänger Markus 1982 eine verkehrspädagogische Diskussion in der damals noch spärlich besetzten deutschen Medienlandschaft aus. Der NDR war mit seinen Programmen der einzige Fernseh- und Radiosender in Norddeutschland. Im östlichen Niedersachsen konnten mit DDR 1 und DDR 2 noch die beiden Radiosender des ostdeutschen Klassenfeindes empfangen werden. Die sozialistische Staatsregierung in Ostberlin stufte die westliche Popmusik als moralisch dekadent ein und somit wurde auch Markus mit seinem Lied von beiden Staatssendern ignoriert – es herrschte kalter Krieg zwischen Ost und West, der 1982 langsam bedrohlich heiß lief – von wegen Spaß!

Gerhard Löwenthal und Karl-Eduard von Schnitzler prangerten im Fernsehen auf beiden Seiten des antifaschistischen Schutzwalls, der die beiden deutschen Staaten voneinander trennte, die Verwerflichkeiten des jeweils anderen Gesellschaftssystems an, während Ecki Stieg bei Radio ffn als Moderator der ersten Stunde seine legendären Grenzwellen erst ab 1987 aus Isernhagen über den Äther schickte. Andere Sender kamen teilweise noch später hinzu und bereicherten mehr oder weniger mit chartorientiertem Mainstream die bundesdeutsche Fernseh- und Radiolandschaft.

Pädagogisch nicht ganz korrekt stellte Markus in seinem Song mit den Liedzeilen „Ich will Spaß, ich gib Gas“ eine Verbindung her, die damals nicht nur dem westdeutschen Fahrlehrerverband die Haare zu Berge stehen ließen. Auch in der NDR Plattenkiste wurde heftig über dieses Lied diskutiert. Egal, dem Publikum gefiel es und begleitete Markus im Juli 1982 in der ZDF Hitparade während seines musikalischen Vortrages mit Applaus. „Ich will Spaß“ – eigentlich war die Republik noch nicht soweit. Kanzler Kohl attestierte erst Jahre später der Bundesrepublik den Status eines Freizeitparks.

Dass man auch ohne Gas zugeben Spaß haben kann, bewies 35 Jahre später die weibliche A-Jugend des TV Bissendorf-Holte. Weder mit 210 noch mit einem Maserati, höchstens mit einem fast himmelblauen Fiat Cinquecento ging es für die Mannschaft am Sonntagnachmittag zum Auswärtsspiel nach Georgsmarienhütte. Die Geschwindigkeitsbegrenzungen wurden eingehalten, der Austragungsort für ein bemerkenswertes Pflichtspiel pünktlich erreicht.

Im Vorfeld dieser Begegnung hatten beide Mannschaften ihre beiden ersten Pflichtspiele in der noch jungen Saison deutlich gewonnen. Georgsmarienhütte war dennoch Favorit, weil auf Bissendorfer Seite etliche Spielerinnen aus schulischen oder gesundheitlichen Gründen ausfielen. Daher galt es, das Spiel und das Tempo selbst zu bestimmen und den Gegner zu kontrollieren, um dabei die eigenen Kräfte zu schonen. Keine ganz einfache Aufgabe für die jungen Bissendorferinnen, hatten sie doch eine Woche zuvor den Gast aus Melle in eigener Halle deutlich besiegt, aber immer wieder die Geduld im Angriff vermissen lassen und zu früh den Abschluss gesucht.

Die Ansprache vor dem Spiel hatte Wirkung gezeigt. Die Mannschaft agierte konzentriert und ließ sich auch nicht durch einen zwei-Tore-Rückstand zu Beginn der Begegnung aus der Ruhe bringen. Mit zunehmender Spielzeit fanden die TVB-Mädels immer besser ins Spiel und drehten in der Mitte der ersten Halbzeit langsam die Partie. Ab der vierzehnten Minuten führte der TVB und ließ sich auch nicht bis zur Pause einen ein-Tore-Vorsprung nehmen. Im zweiten Spielabschnitt konnten die Zuschauer in der gut besuchten Sporthalle zuerst den Ausgleich des Gastgebers zum 10 zu 10 bejubeln, ehe die Mannschaft des TVB immer besser aufspielte und sich nun deutlich mit teilweise fünf Toren in der Mitte der zweiten Halbzeit absetzen konnte. Bemerkenswert dabei war die gute Abwehrarbeit, die den Hütterinnen wenig Platz ließ. Einen überragenden Tag erwischte dabei Lea Glandorf im Tor auf Seiten der Bissendorferinnen, die mit ihren Paraden die gegnerischen Werferinnen mit zunehmender Zeit immer mehr zur Verzweiflung brachte – Hut ab vor dieser Leistung.

In der letzten Spielminute krönten die Spielerinnen von der Werscher Straße ihre gute Vorstellung mit dem zweiundzwanzigsten Tor und siegten dank einer sehr guten Angriffs- und Abwehrleistung verdient mit 22 zu 16.

Zwei Punkte verdienen zum Abschluss besonderen Augenmerk. Auf Bissendorfer Seite standen am Sonntag in Georgsmarienhütte nur B-Jugendliche auf dem Spielfeld. Dabei ist die große Stärke des Teams die mannschaftliche Geschlossenheit, da sich die Tore gleichmäßig auf fast alle Spielerinnen verteilen.

Und Markus – vielleicht schreibt er mit seiner Taschenlampe („Kleine Taschenlampe brenn, veröffentlicht im Jahr 1983) „wir hatten Spaß“ in den Himmel.

Autor: Jens Homeyer

Infos zum Spiel

Regionsoberliga weibliche Jugend A Südwest

TV Georgsmarienhütte

TV Bissendorf-Holte

16:22

Liebe Handballfreunde,

schön dass ihr unsere Website besucht. Da wir uns an gesetzliche Vorgaben halten, bitten wir euch, dass ihr uns die Verwendung einiger Cookies erlaubst. Diese helfen uns die Zugriffe zu analysieren und die Nutzererfahrung zu optimieren. Weitere Informationen findet hier zudem in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank!

Erforderliche Cookies

Dienen dem technisch einwandfreien Betrieb unserer Website. Diese Option kann nicht abgelehnt werden.

Analytische Cookies

Ermöglichen eine anonyme Websiteanalyse, um das Besucherverhalten kennenzulernen und die Website darauf abgestimmt zu gestalten.